Wie so oft ist es mit dem Buchtitel so eine Sache. Dieser – „Windrad auf dem Dach“ – erschließt sich auf Seite 130. Bis dahin kommt man auch ohne die Erklärung aus. Denn es ist absolut vergnüglich, diese Erinnerungen zu lesen. Jurij Koch ist es gegeben, Dinge, Verhältnisse, Menschen liebevoll, mit einem ganz besonderen Taktgefühl zu beschreiben. Er würde nicht sagen: ein Kaff, er sagt: ein Dorf, das immer hundert Menschen hat. Er sagt nicht, sein Lehrer Simon hätte gestottert, er beschreibt ihn als jemand, der „sich unentwegt mit geschlossenen Augen die Silben von der Zunge pressen muss“. Keine Anekdoten mit Grinsepotenzial, lieber schreibt er seinen Lehrern ein Denkmal. Erinnert sich an bewegte Zeiten im ersten sorbischen Gymnasium, im Wohnheim „Zejler“, in seiner ersten Redaktion. Es geht um sein Leben ab den ersten fünfziger Jahren, und es ist ein ungewohnter Blick darauf. Jurij Kochs Sprache macht dieses Schauen zum Staunen. Sowohl für jemand, der die beschriebene Zeit noch kennt, als auch für Leute, denen das alles wie aus Sagen und Märchen vorkommen könnte.