Wird Sorbisch totgefördert?

Mittwoch, 31. Mai 2023 geschrieben von:
Marcel Braumann

Mein Vater schrieb aus seinen Erfahrungen als Reporter vor fast vier Jahrzehnten das Buch „Afrika wird totgefüttert – Plädoyer für eine neue Entwicklungspolitik“ über die Zerstörung lokaler Nahrungsmittelproduktion durch bestimmte Formen „westlicher“ Nahrungsmittelhilfe, die mehr politischer Einflussnahme als selbstständiger Entwicklung der Menschen in den Empfängerländern diente. Bei uns in der Lausitz geht es Gott sei Dank nicht um Abwendung von Hungersnot, aber immerhin um die Wiederbelebung einer weitgehend verdorrten Sprachlandschaft. Dort, wo vor drei Generationen fünf- von sechstausend Abonnenten unserer sorbischen Zeitung lebten, sind heute kaum fünfzig Menschen des Sorbischen mächtig. Nun wurde im Zusammenhang mit den Dutzenden Millionen Euro Strukturwandel-Geldern für Revitalisierung des Sorbischen die Parole ausgegeben, man wolle damit eine Entwicklung auf den Weg bringen, die zu hunderttausend Sorbisch Sprechenden im Jahr 2100 führe, also mehr als doppelt so viele wie heute.

„Ausdruck von Demokratie“

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

Rege Diskussion auf der 22. Hauptversammlung der Domowina in Cottbus

Cottbus (SN/at). Die Hauptversammlung der Domowina ist der Souverän, sie beschließt Aufgaben, die der Bundesvorstand und die Geschäftsstelle zu erfüllen haben. Der Beginn der 22. Domowina-Hauptversammlung am 22. April in der Alten Chemiefabrik Cottbus jedoch sah anders aus. Jakub Wowčer, Vorsitzender des sorbischen Jugendvereins Pawk, schlug vor, die vorliegende Tagesordnung um einen Punkt zum Thema „politisches Mandat und Funktion in der Domowina“ zu erweitern. Das ließ Hauptgeschäftsführerin Judit Šołćina mit dem Verweis darauf nicht zu, dass die Delegierten sich darauf nicht vorbereiten konnten. Der Antragsteller könne dazu in der Diskussion das Wort nehmen. Die Reaktion weckte Unverständnis, denn in anderen großen Vereinen ist so ein Vorgehen durchaus möglich. Somit wartet auf den Ausschuss für innere Demokratie und sorbische Zivilgesellschaft des Domowina-Bundesvorstandes eine neue Aufgabe: Klarheit zu schaffen, dass sich so ein Fall nicht wiederholt.

Dem Vergessen entreißen

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

Mit gleich vier Tafeln wird nun an Adam Gottlob Schirach erinnert

Die neue Gedenktafel für Adam Gottlob Schirach (1724–1773) existiert vier Mal. Die „Mutter aller Tafeln“ wurde am 2. April, zu Schirachs 250. Todestag, auf dem Kirchhof in Kleinbautzen enthüllt. Auf ihr werden Leben und Werk des sorbischen Übersetzers, Schriftstellers, Pfarrers und Bienenforschers gleichrangig auf Deutsch und Sorbisch dargestellt.

Die zweite Tafel wurde in der Kirche von Kleinbautzen, Gemeinde Malsch­witz, eingeweiht. Sie ist ein Geschenk an das Bienenmuseum in Weimar, wo man bis dato noch nichts von der Existenz des großen Gelehrten aus der Oberlausitz gewusst hatte. Der Bautzener Landrat Udo Witschas (CDU) sponserte diese Tafel und weihte sie auch mit ein. Er sagte, Schirach sei ein Vorreiter seiner Zeit gewesen und man könne stolz sein, dass er „einer von hier“ sei.

NEIN, das war sie nicht! Obwohl, sie hätte es sein können und auch müssen! Wenn, ja wenn …

Doch der Reihe nach! Am 2. März 2023 debattierte der Bundestag über „25 Jahre Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen“. Sie verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, den Gebrauch der Minderheitensprachen in Wort und Schrift zu fördern, ganz besonders bei Schülerinnen und Schülern. Die Länder müssen dem Europarat in Straßburg regelmäßig berichten. Experten, die die Angaben prüfen, forderten 2022 von der BRD, „sofortige Maßnahmen […], um eine ausreichende Anzahl von ausgebildeten Lehrern für den Unterricht in den Regional- oder Minderheitensprachen sicherzustellen“.

Hiesige Interessen beachtet, friesische noch nicht

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

Von der Reform des Namensrechts in der Bundesrepublik versprechen sich die Sorbinnen und Wendinnen Verbesserungen. Wie dem kurz nach Ostern veröffentlichten Gesetzentwurf zu entnehmen ist, sollen sie zukünftig die für slawische Sprachen typischen weiblichen Endungen des Familiennamens in die Personaldokumente eintragen lassen können. Das war bisher verwehrt.

Berlin/Bautzen (SN/at). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) stellte den Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts“ der Öffentlichkeit vor.

So wie die Sorben/Wenden hatten auch die Friesen den Entwurf mit großem Interesse erwartet. Schließlich betrifft eine der fünf Neuerungen „geschlechtsangepasste Familiennamen“. Wer sich mit dem Dokument vertraut macht, kann dazu keine wesentlich andere Situation feststellen, als diese bei der Podiumsdiskussion zur Vernissage der Wanderausstellung „Was heißt hier Minderheit?“ vor gut einem Jahr im Bundestag in Berlin gezeichnet wurde.

Sorge um fast einhundert sorbische Denkmale

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

Bautzen. Der Denkmalausschuss der Maćica Serbska behandelte in den letzten 21 Jahren 73 Denkmalprojekte. Die meisten Denkmalvorhaben wurden in den Jahren von 1993 bis 2023 erfolgreich realisiert und das Gremium auf seiner letzten Beratung am 4. April aufgelöst. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeit an Denkmalprojekten beendet ist. Der Fachbeirat der Stiftung für das sorbische Volk wird diese weiterführen.

Das Sorbische Institut hat im Januar 2023 die erste Version einer sorbischen Vorlesefunktion veröffentlicht. Bis zum Ende des Jahres soll es eine weitere Version mit erweiterter Datengrundlage geben.

Bautzen (SN). „Witajće w swěće rěčneje syntezy!!“ Mit diesem sorbischen Satz begrüßt uns eine männliche Stimme laut und deutlich, nachdem der Abspielknopf gedrückt ist. Wir befinden uns auf der Internetseite zum Testen der Vorlesefunktion des Sorbischen Instituts. Je nachdem, welche Sprachversion wir vorab gewählt haben, sagt uns das Juro in niedersorbischer oder Matej in obersorbischer Sprache. Diese erste Testversion, die seit Januar jedem Interessenten unter: http://tts-juro-matej.serbski-institut.de zur Verfügung steht, „ist ein wichtiges Zwischenergebnis auf dem Weg zur Barrierefreiheit in sorbischer Sprache“, unterstreicht Institutsdirektor Prof. Dr. Hauke Bartels in einer entsprechenden Online-Mitteilung. Der Freistaat Sachsen fördert das Projekt mit bisher 700 000 Euro als Maßnahme zur Förderung der Inklusion.

„Beinahe bis in die Nacht geprobt“

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

Insgesamt 22 Teilnehmer aus der gesamten Lausitz haben vom Ostermontag bis zum folgenden Donnerstag in der Bautzener Jugendherberge sechs Musikstücke einstudiert. Deren Präsentation erfolgte im Rahmen eines „einmaligen Konzerts“.

Bautzen (SN/bn). „Den Nachwuchs fordern und fördern gehört zu den wesentlichen Säulen der Philosophie des Sorbischen National-Ensembles. Die erneut gestiegene Teilnehmerzahl des inzwischen dritten ‚Instrumentenferienlagers‘ zeigt, dass wir auf gutem Wege sind.“ So fasste der Intendant des SNE Tomas Kreibich-Nawka am 14. April den besonderen Ferienkurs für Schülerinnen und Schüler zusammen. „Heute präsentieren wir die Ergebnisse. Sie erleben sozusagen ein einzigartiges Konzert: Die Arrangements auf Grundlage sorbischer Volks- sowie Kunstlieder wurden extra von Christoph Reuther den angemeldeten Instrumenten entsprechend erarbeitet. Sie erklingen heute zum ersten und in diesen Versionen zugleich wohl zum letzten Mal“, unterstrich der Intendant.

„In Haft oder im Exil“

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

Belarussisch-sorbischer Filmabend eröffnet neue Veranstaltungsreihe

Nucknitz (SN/bn). „Jutry nimo – Kino fever“ heißt die neue Kulturreihe des Vereins Barakka, mit der „vor allem Filme präsentiert werden sollen, die anderswo kaum gezeigt werden“. Zugleich spiegelt die Reihe einen Teil des neuen Konzepts der Vereinigung wider, „pro Jahr mehr, dafür aber eher kleinere Veranstaltungen“ und „das Nukstock-Openair-Festival als großen Höhepunkt ab nächstem Jahr biennal zu organisieren“.

Schallplattenchansons in Stereo

Mittwoch, 26. April 2023 geschrieben von:

„Witaj“ (Willkommen) lautet der Titel des aktuellen, nunmehr dritten Albums des Liedermachers Jacke Schwarz. Die Einordnung als Chansonnier trifft insofern zu, als jedes der elf Stücke auch in reduzierter, rein akustischer Form funktioniert, wie der Künstler auf der Bühne bereits mehrfach bewiesen hat. Aber auch die digital sowie auf Vinyl erhältlichen, in erweiterter Rock-Besetzung produzierten Versionen, entstanden „in einer einwöchigen Session im August 2020 im alten Kuhstall von Nebelschütz und in vielen Nächten zu Hause, im Proberaum und im Blitz/Berlin“, wissen zu überzeugen.

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