Was ist resp. bedeutet Identität? Was ist resp. bedeutet Heimat? Diese heutzutage häufig gestellten Fragen waren der Ausgangspunkt einer Reise quer durch Europa, die letztlich wenige Antworten, dafür jedoch umso erhellendere Erkenntnisse zu Tage förderte. „Europa war im Hochmittelalter ‚europäisiert‘ worden und wurde so einheitlich wie nie. Um es etwas ketzerischer auszudrücken: Europa hat sich im Mittelalter selbst kolonisiert.“ Dies schreibt der aus Ratenče (Ratnitz) in Kärnten stammende, inzwischen in Wien wohnende Historiker und Podcaster („Déjà-vu Geschichte“) Ralf Grabuschnig in seinem aktuellen Buch „Unterwegs zwischen Grenzen – Europas Minderheiten im Schwitzkasten der Nationen“. Den Untertitel seiner Publikation quasi konterkarierend und retrospektiv resümierend beschreibt der Autor die Motivation, aus unterschiedlichen Perspektiven nach seinen Wurzeln zu graben, mit den Worten: „Mein gemütliches Dasein in der angeblichen Mehrheitsbevölkerung, die einfachen Kategorien der Zugehörigkeit.
Neues Namensrecht rückt näher
Berlin. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Modernisierung des Namensrechts in Deutschland am 23. August beschlossen. Zu den Änderungen gehören auch Regelungen für ethnische Minderheiten, so zu geschlechtsspezifischen Familiennamen der Sorben, zu Geburtsnamen in patronymer oder matronymer Form nach friesischer Tradition wie auch nach dänischer Tradition mit Doppelnamen ohne Zwischenstrich.
25 Jahre rechtlich selbstständig
Potsdam/Podstupim/Dresden/Drježdźany. Die Stiftung für das sorbische Volk wurde mit den Unterschriften der Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD, Brandenburg) und Kurt Biedenkopf (CDU, Sachsen) unter einen Staatsvertrag beider Länder am 28. August 1998 in Schleife rechtlich selbstständig. Die heute für die Sorben/Wenden zuständigen Ministerinnen Dr. Manja Schüle (SPD) und Barbara Klepsch (CDU) würdigten diesen Akt als großen Erfolg der Nachwendezeit.
Jan Hrjehor einziger Kandidat
Ralbitz/Ralbicy (JK/SN). Da war mächtig was los, als am 17. August der Bürgermeister der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal Hubertus Ryćer (parteilos) zur feierlichen Grundsteinlegung nach Ralbitz eingeladen hatte. Nicht nur der Gemeinderat, sondern auch Landrat Udo Witschas und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (beide CDU) waren gekommen. Die beiden Letztgenannten hatten auch entscheidenden Anteil daran, dass der Kindergarten in Ralbitz für 8,4 Millionen Euro gebaut wird.
Das Sorbische Institut legte nun erstmals Test-Ergebnisse fürs Sorbisch-Sprachniveau von Schülern vor. Das Kultusministerium hat diese Evaluation des Modells „2plus“ gefördert.
Schleife/Slepo (SN/mb). Die Sporthalle des Deutsch-Sorbischen Schulkomplexes Schleife war mit zweihundert Lehrerinnen und Lehrern aus fast allen sorbischen Schulen gut gefüllt – sie trafen sich in der Vorbereitungswoche vorm Schulbeginn noch in den Sommerferien zum „Fachtag 2plus“. Das freute nicht nur den Direktor der Oberschule „Dr. Maria Grollmuß“, Jan Hrjehor, selbst Lehrer für Sorbisch und Sport, der gerne „seine“ Bildungseinrichtung zeigte. Hier spielt die Belebung des Sorbischen in einer Region, in der die Sprache im Alltag derzeit eher selten zu hören ist, eine große Rolle.
Wittichenau/Kulow (DH/SN). Ein ungewöhnlicher Anblick bot sich am 12. August den Einwohnern von Wittichenau, als sich am Vormittag eine Schar Radfahrer auf dem dortigen Marktplatz traf. Sie begaben sich auf eine Fahrt unter dem Motto „Rund um Wittichenau“ durch die katholische Lausitz. Tadej Šiman, der insgesamt vier Fahrten als zusätzliches Angebot zur Sonderausstellung „Čej’ da sy?“ (Wurzeln im Wandel) des Sorbischen Museums in Bautzen konzipiert hat, leitete die insgesamt 22 Radfahrer.
Bad Gandersheim/Northeim (CoR/SN). Mit einem Konzert des sorbischen Punk-Poeten Paul Geigerzähler endete am 20. August das Fest „Sorben-Sommer-Sonne“ auf der Niedersächsischen Landesgartenschau (LAGA) in Bad Gandersheim. Zuvor haben an diesem Wochenende die Sorbische Tanzgruppe Zeißig insgesamt viermal und die Gruppe Serbska Reja zweimal dem Publikum einen lebendigen Eindruck der künstlerischen Kultur sowie der Trachtentradition der Hoyerswerdaer Sorben auf der dortigen Seebühne vermittelt. Dass dieser Eindruck nicht verloren geht, darum kümmert sich künftig eine Linde, welche Gabriela Linakowa aus Zeißig der LAGA-Geschäftsführerin Ursula Hobbie überreichte. „Für uns ist es eine große Ehre, dass ihr hier die sorbische Kultur vorstellt. Wir wollen die sorbische Linde bis zum Herbst fleißig gießen und dann mit unserer Bürgermeisterin den richtigen Platz für sie finden und pflanzen“, dankte sie den Künstlern und Organisatoren.
Neue Wege gehen und die Menschen neugierig machen, um sie zum Kommen zu bewegen – vor dieser Aufgabe stehen gleich vielen anderen Akteuren im Kulturbereich die Verantwortlichen kleinerer wie auch größerer Lausitzer Museen. Recht gelungen scheint dahingehend das Projekt „Čej’ da sy? – Wurzeln im Wandel“ des Sorbischen Museums in Bautzen. Die dazugehörige Ausstellung ist noch bis zum 23. Oktober zu erleben.
Mit „Čej’ da sy?“ strahlt die Arbeit des Sorbischen Museums tief in die sorbische Gemeinschaft aus. Das ist an der Diskussion zur katholischen sorbischen Tracht abzulesen, die gegenwärtig im Dreieck zwischen Kamenz, Bautzen und Hoyerswerda geführt wird. Dürfen Anlehnungen an einzelne Elemente dieser Tracht sich in der „normalen“ Kleidung junger Sorbinnen wiederfinden? Die Meinungen gehen hier stark auseinander, wobei die Traditionalistinnen das wohl lautere Wort führen. Doch aus der Niederlausitz wissen wir längst, dass so etwas möglich und erfolgreich ist.