Heinersbrück (sc/SN/at). „Die heutige Generation kann es vielleicht nicht glauben, dass das erste derartige Treffen 1947 in Hoyerswerda stattfand.“ Diese Worte aus der Begrüßung von Dr. Hartmut Leipner, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der sorbischen Sprache in der Kirche und seit Kurzem auch stellvertretender Domowina-Vorsitzender, verdeutlichen die Bedeutung des 75. Sorbischen Evangelischen Kirchentags, der am 19. und 20. Juni im niedersorbischen Heinersbrück stattfand. Zugleich feierten die Heinersbrücker das 120-jährige Bestehen ihres Gotteshauses.
Schleife. Die 20. Hauptversammlung der Domowina fand, flankiert von Hygienemaßnahmen aufgrund der andauernden Corona-Pandemie, am 12. Juni in der Sporthalle des Deutsch-Sorbischen Schulkomplexes in Schleife statt. Die 103 Delegierten bestätigten Dawid Statnik zum dritten Mal als Vorsitzenden und Marko Hantschick zum zweiten Mal als einen seiner Stellvertreter. In die Funktion des weiteren Stellvertreters wählten sie Dr. Hartmut Leipner aus der Niederlausitz. Gewählt wurde zudem der neue Bundesvorstand. Ihm gehören elf Frauen und 16 Männer an. 14 sind gegenüber der vorangegangenen Wahlperiode neu. Somit sind eine personelle Erneuerung und Verjüngung des Gremiums augenscheinlich. Beschlossen wurden zudem Änderungen am Statut der Domowina sowie die Arbeitsrichtlinien des Bundesvorstandes 2021–2023.
Die sorbischen Sprachräume haben sich in den vergangenen Jahrzehnten ständig verringert. In vielen der sorbischen und deutsch-sorbischen Dörfer gibt es keine Gaststätte, Poststelle oder Einkaufsmöglichkeit mehr, um dort eben sorbisch zu reden. In den Städten war und ist es umso schwieriger, doch in Hoyerswerda wurde ein neuer Weg beschritten. Das Ergebnis kann, wenn es regnet und man Glück hat, dann vielleicht in der Altstadt in Augenschein genommen werden.
Das Jahr 2022 hält etliche Jubiläen für die Lausitzer bereit. Dem trägt der Wandkalender „Lausitz – Łužica – Łužyca“ aus dem Domowina-Verlag Bautzen Rechnung. Denn die Neuerscheinung hält nicht nur 28 Bildmotive bereit, eingefangen von Fotograf Matthias Bulang, sondern als Ergänzung auch kleine Texte, die auf die Besonderheiten des Jubiläumsjahres hinweisen.
So feiert beispielsweise Hochkirch sein 800. Ortsjubiläum. Das Blatt für Mitte Februar zeigt eine stimmungsvolle Gesamtansicht der Gemeinde unter dem Czorneboh, leicht mit Schnee überzuckert. Das Buch von Marko Greulich „Unterm Czorneboh“ erscheint 2022 anlässlich des Jubiläums in einer Neuauflage. In dem Buch ist auch eine Passage enthalten, in der der sorbische Schriftsteller und Dichter Jan Radyserb-Wjela die Schönheit Hochkirchs preist und dies auf dem letzten Kalenderblatt zitiert wird.
Sorbisches Großvorhaben
Berlin/Dresden. Sieben Großvorhaben umfasst die Maßnahmenliste, mit der der Bund den Strukturwandel nach dem Ende der Braunkohleförderung im Lausitzer Revier in Sachsen fördert. Als eine davon ist die Förderung der sorbischen Sprache und Kultur mit dem Untertitel „für Kulturerbe, Identifikation und Zusammenhalt“ festgeschrieben. Für alle sieben Maßnahmen stehen insgesamt 4,5 Milliarden Euro Bundesmittel zur Verfügung.
Richtfest für neuen Ballettsaal
Bautzen. Der Neubau des Südgebäudes des Sorbischen National-Ensembles kommt gut voran. Für den Rohbau des Ballettsaales wurde am 23. Juni Richtfest gefeiert. Als Bauherr schlug Jan Budar, Direktor der Stiftung für das sorbische Volk, im Beisein von Architekt Hubertus Sauer und Zimmerermeister Peter Krahl nach altem Brauch einen Nagel in das vorbereitete Dachstuhlmodell ein.
Der Nachfolgerin zur Seite
Bautzen/Berlin (SN/at). Der Beratende Ausschuss für Fragen des sorbischen Volkes beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat tagte letztmals in der Wahlperiode 2017–2021 am 23. Juni online. Auf Vorschlag der Domowina nahmen daran zwei sorbische Jugendliche, Katja Rehor und Maximilian Gruber, teil. Sie verwiesen auf drei Bereiche, in denen sie Verbesserungen für unabdingbar halten. Angemahnt wurden ihrerseits die Stärkung der sorbischen Sprache in der Öffentlichkeit und eine weitere Profilierung der Strukturen in der Jugendarbeit. Sie erwarten des Weiteren, dass Angriffe auf sorbische Jugendliche wie auch gegen Minderheiten gerichtete Tendenzen in der Gesellschaft thematisiert werden.
In seinem Rückblick auf das Erreichte hob Prof. Dr. Bernd Fabritius, Bevollmächtigter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten hervor, das 4. Finanzierungsabkommen für die Stiftung für das sorbische Volk, die im Strukturänderungsgesetz festgeschriebenen sorbischen Angelegenheiten und die Jugendarbeit.
Crostwitz (SN). Mit den Plänen, die postindustrielle Landschaft des Lausitzer Braunkohlereviers als UNESCO-Welterbe eintragen zu lassen, befasste sich der sächsische Rat für sorbische Angelegenheiten auf seiner Beratung am 16. Juni in Crostwitz, Landkreis Bautzen. Die Projektmitarbeiter Dr. Fabian Jacobs vom Sorbischen Institut und Lea Brönner aus dem Cottbuser Institute for Heritage Management stellten den Ratsmitgliedern den langfristigen Prozess der Anmeldung vor und hoben die Einmaligkeit der Lausitzer Tagebaufolgelandschaft im globalen Vergleich hervor. Dabei spielen auch die Auswirkungen der Industrialisierung in der mittleren und der Niederlausitz auf das traditionelle, meist sorbische Leben in diesen Regionen und auf die sorbische Kultur und Sprachräume eine wesentliche Rolle.
Nebelschütz (SN). Auf Bemühungen der BRD, Verantwortung für Kolonialverbrechen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika zu übernehmen, bezieht sich der Serbski Sejm in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Darin wird begrüßt, dass sich die Bundesrepublik ihrer Geschichte stelle, Verantwortung übernehme und eine Entschuldigung bezüglich des Völkermordes an den Herero und Nama vorbereite.
Für den Sejm ist es aber „nicht akzeptabel, wenn die betroffenen Völker nicht selbst auf Augenhöhe an den Entscheidungen beteiligt sind, sondern von oben herab über die Köpfe hinweg gehandelt wird“. Die Bundesregierung wird aufgefordert, „die Völker der Herero und Nama als Partner ernst zu nehmen und sie direkt in die Verhandlungen über Art und Umfang des Schuldbekenntnisses einzubinden. Nur so wird der von Rassismus geprägte deutsche Kolonialismus, welcher zum Genozid an den Herero und Nama geführt hat, glaubwürdig überwunden“, unterstreicht seitens des Serbski Sejm Dr. Martin Schneider.
Der Ćišinski-Preis der Stiftung für das sorbische Volk, benannt nach dem Dichter Jakub Bart-Ćišinski, als höchste sorbische Auszeichnung wird alle zwei Jahre verliehen. Im Herbst 2021 ist es wieder so weit. Die zu Ehrenden sind benannt.
Bautzen (SN/at). Das Kuratorium zur Verleihung des Ćišinski-Preises traf am 22. Juni eine bisher unikate Entscheidung: Die Preisträger sind im Corona-Jahr 2021 zwei Ehepaare. Trudla Mahling und Jan Mahling aus Bautzen erhalten den Ćišinski-Preis für „ihre herausragende publizistische Tätigkeit im Bereich der sorbischen Kulturgeschichte und ihr besonderes Engagement im wissenschaftlichen Verein Maćica Serbska, im Sorbischen Evangelischen Verein wie auch für ihr politisch-nationales Wirken“, informierte die Stiftung für das sorbisch Volk zur Begründung seitens der Kuratoriumsmitglieder.